19.09.2012

Tamil Nadu, 27.08 - 11.09

Die Ankündigungen von Informanten vor Ort waren nicht gelogen. Zu essen gibt es in Indien - oder zumindest im südlichen Tamil Nadu - entweder Brot oder Reis, mit Dip. Und obwohl alles ganz wahnsinnig exotisch klingt, landet man nach einer oft mühsamen Bestellung (die Verfügbarkeit der Gerichte richtet sich nach einem zunächst undurchschaubaren zeitlichen Rhythmus) eigentlich immer bei diesem Resultat. Sogar in nordindischen Restaurants. Nicht das wir uns beschweren wollten und es schmeckt uns ja sehr gut, aber es wird so viel Wind gemacht um die kulinarischen Höhenflüge Indiens, dass wir uns schon ein wenig wundern mussten. Nach einer zugegebenermaßen erstmal schockierenden Ankunft in der selbst für Indien eher unschönen und charakterlosen Stadt Chennai, fanden wir nur dank eines vorbildlich engagierten Taxifahrers unser Nachtlager. Die Suche wird in Indien häufig durch Änderungen der Straßen- und/oder Ortsnamen erschwert, die mutmaßlich dazu dienen, etwas vom kolonialen Erbe abzustreifen. Da selbst notorisch schönfärbende Reiseführer nicht viel gutes über die Stadt zu berichten hatten, sind wir gleich am nächsten Tag zum "Busbahnhof" (der eher aussieht, wie ziemlich viele Busse auf einer großen nicht asphaltierten, freien Fläche), um nach Pondycherry oder aktueller Puducherry (oder anderes herum) aufzubrechen. Auch dort ist es ziemlich dreckig - woran man sich in Indien natürlich früher oder später gewöhnen muss -, aber nicht ganz so krass, es gibt einen "Stadtstrand" aus großen Steinen und variierenden Anteilen von Müll und Kakerlaken, sowie einige Franzosen, die sich hier zwecks kolonialer Machenschaften Frankreichs so wohlfühlen und in verschiedenen Ashrams meditieren, um sich selbst oder sonstwen zu finden. Skurrilerweise wird man von den Einheimischen deswegen auch hin und wieder auf Französisch angesprochen oder kann sich ein fein belegtes Baguette zum Frühstück kaufen, für dessen Preis man hätte drei Tage indisch essen gehen können. Nach unbarmherzigem Gefeilsche um zwei gebrauchte Matratzen auf dem Straßenmarkt, konnten wir für ein paar Tage bei Maries Bruder einziehen, der dort unibedingt einen Sprachkurs machte, und als wir ankamen gerade wegen einer selbst diagnostizierten Malaria flach lag. Schlimmeres konnte dank klassischer Wadenwickel jedoch erfolgreich abgewendet werden. Durch den Kontakt zur Sprachschule - die zwar verzweifelt versuchte ihren Schülern Tamil beizubringen, aber wöchentlich für kulturelle Highlights sorgte -konnten wir ein wenig tiefer in die indische Kultur eintauchen und einem Meister indischer Zupfinstrumentmusik lauschen. Übrigens bei ihm zuhause im Schlafzimmer, wo Klimaanlage und Ventilator vergeblich versuchten die Klangqualität zu mindern. Aber Marie eine kleine Erkältung verschafften. Danach verbrachten wir eine solide Woche in Mamallapurum, einem der wenigen Orte in Tamil Nadu, der so etwas wie eine entspannte Strandatmosphäre bieten kann. Samt einer ziemlich konstanten Welle, heiligen, aber trotzdem teils recht aggressiven Strandrindern (die seltsamerweise die brütend heiße südindische Sonne geradezu suchten), einer Tempelanlage mit riesigen Felsritzereien, in der sich Ziegen und Affen gleichermaßen wohl fühlen, und einem wirklich eindrucksvollen Vergnügungspark direkt am Meer. Männliche Inder - Frauen sieht man gar nicht so viele - verhalten sich am Strand meist sehr widersprüchlich. Auf der einen Seite wird jede noch so hässliche Europäerin, die sich mit gewohnter Badeklamotte in der Sonne aalt, begafft, als wäre die Göttin der Schönheit höchstpersönlich aufgetaucht und es bilden sich innerhalb von Minuten erstaunlich große Menschenansammlungen um selbiges Objekt der Begierde, auf der anderen Seite spielen sich zwischen genau den gleichen Männern so zärtliche, aber nur scheinbar homoerotische Szenen ab, dass man ins Grübeln kommen muss. Wenn man ganz viel Glück hat, ist man sogar dabei, wenn Fischerboote dazu dienen, klassische Titanic Filmszenen gemeinsam nachzustellen. Pärchen, die händchenhaltend über den Strand spazieren oder sich in den Wellen vergnügen wie Fünfjährige, sieht man eigentlich immer. So ganz sind wir der Sache nicht auf den Grund gekommen und vermutlich bleibt einem nur respektvoll zu sagen: Andere Länder, andere Sitten. Um zu vermeiden, dass man mit indischen Mietmofas im Nirgendwo strandet, sollte man - und das trotz Versprechen des Vermieters - den Tank checken (was nur durch rütteln, hören und vielleicht riechen möglich ist). Und wenn da nichts drin ist, kann man auch keine 30 km zurücklegen. Aber zum Glück sind Einheimische äußerst hilfsbereit und ein jeder weiß wie man kurzerhand etwas Benzin aus seinem eigenen Tank abzwacken kann, nachdem man sich ein wenig amüsiert hat. Der Ausflug hat zudem gezeigt, dass Krokodile, wenn Europäer aufkreuzen, nicht mehr die Hauptattraktion des Krokodilsparks sind. Auch wenn sie - vermutlich um Aufmerksamkeit zu erhaschen - zu hunderten neben- und aufeinander herumliegen. Übrigens, es gibt (wie die Bilder zeigen) Anzeichen dafür, dass sich jemand namens Hitler in Indien niedergelassen hat, um Vorhängeschlösser zu produzieren und selbige zu testen und mit seinem Gütesiegel zu versehen. Made in Germany mal anders.




Tamil_Nadu

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